Rede im Hauptausschuss am 26.05.25

Liebe Frau Bürgermeisterin Buchheit, liebe KollegInnen, liebe Anwesende,

am 7. März 2023 hat der Gemeinderat nach langer und intensiver Debatte beschlossen: AmTuniberg entsteht eine Gemeinschaftsschule. Eine Schule, die auf gemeinsames, inklusivesLernen setzt – auf das Miteinander statt das Aussortieren. Eine Entscheidung, die mutig war undgleichzeitig zukunftsorientiert.

Jetzt soll dieser Beschluss durch eine Verbundschule mit Gymnasialteil ersetzt werden – entgegen der eigenen Beschlusslage. Das ist nicht nur ein politischer Rückschritt, sondern auch ein pädagogischer Irrweg.

Natürlich, der Druck auf die Gymnasien wächst durch die Wiedereinführung von G9. Aber gymnasiale Platzprobleme dürfen nicht auf Kosten pädagogischer Grundsätze gelöst werden.

Denn die Einführung eines Gymnasiums im Verbund würde genau das Gegenteil von Inklusion bedeuten: Hierarchisierung, Separation und letztlich eine Schwächung der Gemeinschaftsschule, die von den unterschiedlichen Fähigkeiten und Stärken in ihren Lerngruppe lebt.

Es ist absehbar: Viele leistungsstarke Kinder werden sich direkt am Gymnasium anmelden. Der Gemeinschaftsschule wird damit das entzogen, was sie stark macht – eine gute Durchmischung und gegenseitige Unterstützung beim Lernen.

Wenn jetzt angeführt wird, man könne durch den Verbund Landesfördermittel für die Oberstufe erhalten, dann frage ich mich: Warum war dieser Aspekt vor zwei Jahren nicht ausschlaggebend, als gemeinsam für die GMS gestimmt wurde? Dieses nachgeschobene Argument ist nicht tragfähig.

Die GMS kann Oberstufe. Sie kann Abitur. Und sie tut das in einem Rahmen, der die SchülerInnen nicht unter Notendruck zermürbt, sondern in dem es Lernentwicklungsberichte statt Sitzenbleiben gibt – in dem individuelle Förderung und gesellschaftliche Verantwortung tatsächlich gelebt werden.

Die Stellungnahmen, die wir erhalten haben – von „Inklusion neu denken“ und dem Bündnis „Eine Schule für alle“ – sagen es deutlich: Eine Verbundschule ist keine Lösung, sondern ein Rückfall in ein ausgrenzendes System.

Freiburg hat die Chance, am Tuniberg das Zeichen für inklusives Lernen zurück zu holen – für eine Schule, die alle Kinder annimmt, sie fördert und nicht vorsortiert .

Ich bitte Sie daher eindringlich: stehen Sie zu ihrem eigenen Beschluss vom März 2023 und stimmen Sie bei der kommenden Gemeinderatssitzung auch entsprechend ab. Vermeiden wir ein pädagogisch widersprüchliches Modell, das zwei unvereinbare Systeme unter ein Dach zwingt.

Setzen wir stattdessen auf ein starkes, inklusives Modell mit Vorbildfunktion – für Freiburg, für den Tuniberg, für alle SchülerInnen und für eine gerechte Bildungszukunft.

Rede im Gemeinderat am 03.06. (Statement des Vereins Inklusion neu denken)

Da ich bereits letzte Woche im Ausschuss für Schule und Weiterbildung unsere fraktionellen Gründe gegen die Verbundsschule zum Ausdruck gebracht habe, möchte ich diesen Moment nutzen und das Statement von gestern des Vereins „Inklusion neu Denken“ vorlesen.

„Verbundschule statt Inklusion?

Weil sich aufgrund der Wiedereinführung des G9 die Situation an den Freiburger Gymnasien noch mehr verschärfen wird, kommt die Stadt nun auf die Idee, diese mit dem Bau einer Verbundschule am Tuniberg zu entspannen.

Auch wenn die Idee, Gymnasium und Gemeinschaftsschule organisatorisch zusammenzuführen, vielerorts als modernes Modell gepriesen wird, dienen Verbundschulen in erster Linie dem Erhalt unseres trennenden, Kinder ausschließenden Schulsystem.

Bei aller wohlklingenden Rhetorik bleibt ein entscheidender Punkt außen vor: [nämlich] die tatsächliche Umsetzung der Inklusion. Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet uns, ein Bildungssystem zu schaffen, das alle Kinder gleichberechtigt einschließt. […] Es ist eine völkerrechtlich bindende Verpflichtung, der sich Deutschland im Jahr 2009 ausdrücklich angeschlossen hat.

Ein Konzept, das zwei getrennte Schularten unter einem Dach vereint, genügt einer echten Inklusion [nicht, auch wenn zwischen] […] beiden Schularten [eine Durchlässigkeit geplant ist].

Statt paralleler Strukturen braucht es ein echtes Miteinander: gemeinsame Lernräume, individuelle Förderung und das bewusste Zusammenführen von Vielfalt als gelebter Alltag [in der Schule].

[Die] Verbundschule [am Tuniberg wird] aufgrund ihrer verschiedenen Bildungspläne diesem Anspruch nicht gerecht [werden]. Vielmehr droht auch […] [hier], dass sich bestehende Barrieren verfestigen und die Idee der Inklusion zur bloßen Fassade verkommt. Inklusion jedoch ist nicht nur eine bildungspolitische, sondern eine zutiefst gesellschaftliche und ethische Frage.

Unsere politischen Entscheidungsträger*innen [, also wir,] tragen die Verantwortung dafür, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen unsere Kinder gemeinsam aufwachsen, lernen und sich entwickeln. Inklusion ist kein Luxus. Sie ist Ausdruck einer gerechten, zukunftsfähigen Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die niemanden ausschließt.

Es würde Freiburg gut zu Gesicht stehen, ein Zeichen zu setzen, das über den Schulstandort hinaus Wirkung entfaltet. Nutzen wir die Chance, am Tuniberg zu zeigen, dass Vielfalt unsere größte Stärke ist.“

So viel das Statement.

Wie gut für die bestehende Mehrheit, dass der Verein „Inklusion neu denken“ in diesem Gremium kein Stimmenrecht hat.

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