Gehalten von der Fraktionsvorsitzenden Felicia Fehlberg
Lieber Herr Oberbürgermeister, liebe Bürgermeister*innen, liebe Kolleg*innen und liebe Zuhörende,
mein Name ist Felicia Fehlberg und ich bin Teil der Fraktion Freiburg for You zusammen mit Sonja Wagner, Sophie Kessl und Anna Polášek. Wir Frauen haben mit diesem Doppelhaushalt einiges umgesetzt. Unser Ziel war es, so viel Progressivität und soziale Verantwortung in diesem Haushalt zu verankern, wie nur möglich und an bestehenden Baustellen weiterzuarbeiten. Außerdem möchten wir gerade die Menschen und Gruppen vertreten, die keine laute Stimme im Gemeinderat haben, die häufig vergessen, strukturell benachteiligt und diskriminiert werden.
Es sind Menschen mit Fluchtgeschichte und Migrationshintergrund, Menschen mit wenig Einkommen und wenig sozialem Halt, suchtkrankte Menschen, oder auch queere Menschen und junge Menschen, die schnell aus dem Stadtbild verdrängt werden.
Das Bildungskonzept Weingarten, welches kürzlich im Gemeinderat verabschiedet wurde und zurecht auch von mir viel Kritik geerntet hat, konnten wir mit diesem Doppelhaushalt nochmal richtig aufpeppen. Und mit wir meine ich auch die Fraktionen Eine Stadt für Alle, SPD/Junges Freiburg, die Grünen und sogar die CDU. Wir haben gemeinsam erreicht, dass die Lernfördergruppen ausgeweitet werden, die Elternbegleitung bereits ab diesem Jahr stark anlaufen soll und die Bildungsbegleitung aufgestockt wird. Jedoch auch diese zusätzlichen 340.000 € die damit in das Bildungskonzept Weingarten fließen, wird die Bildungsungerechtigkeit in Freiburg nicht beheben. Aber diese Maßnahmen sind wichtigen Schritte in die richtige Richtung. Jeden Schritt, den wir für die Schüler*innen in benachteiligten Stadtteilen gehen, ist ein Schritt in die Zukunft Freiburgs. Bildung ist der Schlüssel für Gleichberechtigung, für Wohlstand und letztendlich für unsere Demokratie.
Dieser Haushalt stärkt darüber hinaus auch die bereits bestehende soziale Infrastruktur. Vereine und Akteure, wie die AWO Drogenberatung, CAPOA!, Schwere(s)Los, die Bahnhofsmissionen oder Fluss e.V. und TransAll sind nur einige wenige Akteure des Freiburger Rückgrats ohne die in dieser Stadt gar nichts läuft. Für sie konnten wir eine Erhöhung der institutionellen Förderung bewirken. Sie betreuen Menschen, die von unserer Gesellschaft an den Rand gedrängt werden und am wenigsten haben, oder auch Menschen, wie mich – queere Menschen, die nicht die gesellschaftliche Norm leben. Umso wichtiger ist es auf die Bedarfe dieser Vereine und Sozialverbände zu hören und ihre Angebote, Bildungs- und Aufklärungsarbeit anzuerkennen und zu stärken. Vielen Dank für eure Arbeit und für euer offenes Herz. Vielen Dank, dass ihr euch um die Menschen kümmert, die Hilfe brauchen.
Das Durchschnittsalter, in dem ein Mensch zum ersten Mal seine Menstruation bekommt, ist 12,5 Jahre. Stellt dir vor: du bist in diesem Alter, sitzt im Matheunterricht und beschäftigst dich auf einmal mit den Funktionen deines Körpers, anstatt mit denen an der Tafel. Wie erleichternd ist dann das Gefühl zu wissen, auf unserem Schultoiletten gibt es Tampon- und Bindenspender? Wie normal kommst du dir vor?! Für die anderen natürlichen Funktionen unseres Körpers steht uns eine kostenlose Klorolle zur Verfügung, warum dann nicht auch Menstruationsprodukte? Nicht alle Menschen haben genügend Geld, um sich Menstruationsprodukte zu leisten, sie ziehen sich deshalb zurück und nehmen nicht mehr am alltäglichen Leben teil. Wir sind stolz darauf ein Zeichen dafür gesetzt zu haben, dass Menstruieren etwas völlig Normales und Natürliches ist, für das sich niemand schämen oder sich vom alltäglichen Leben ausschließen muss. Mit 120.000 Euro haben wir einen fortlaufenden Posten in diesem Doppelhaushalt verankert, der Menstruationsprodukte in den Mädchen- und Unisex-Toiletten aller weiterführenden und beruflichen Schulen zur Verfügung stellt.
Kinder und Jugendliche befinden sich natürlich nicht nur in der Schule, sondern, wie wir alle, auch draußen in den Parks, an der Dreisam oder in der Innenstadt. Alle öffentlichen Räume sind unser gemeinsames Wohnzimmer. Hier findet Begegnung, Austausch und Erholung statt – ganz unabhängig vom Geldbeutel, Alter oder Lebensstil. Es ist doch so, dass sobald die Sonne raus guckt die Menschen aus ihren vier Wänden kommen und es sich draußen gemütlich machen. Damit unser städtisches Wohnzimmer genügend Raum für konsumfreie Begegnung bietet, haben wir mit unserem Paket Sitz!Platz! 300.000 € für Sitzmöglichkeiten im öffentlichen Raum verankert. Dieses Geld ist eine Investition für Freiburgs Wohnzimmer – für Bänke und Sonnenliegen an Aussichtspunkten, Parks und Plätzen. Letztendlich schlägt die Ader der Stadt an genau solchen Orten der Begegnung und diese wollen wir mit unserem Paket weiter ausbauen – gerne auch in entlegeneren Stadtteilen.
Bei gutem Wetter und am Feierabend ist auf Parkbänken oder den Kacheln des Platz der Alten Synagoge das Aufploppen einer Bierflasche zu hören. Menschen trinken und Menschen feiern gern, und immer noch gibt es keinen bezahlbaren Späti in unserer Studistadt – nicht mal im Rieselfeld. Trotz dieses Defizits hat sich unser Gemeinderat der Unterstützung des mobilen Spätis verweigert: Ein E-Bike für Pischko. Pischko verkauft dir seit vielen Jahren zu annehmlichen Preisen ein Ötti aus seinem Fahrradkorb. Pischko ist mobil unterwegs, wird aber auch nicht jünger und die Stadt immer größer. Mehr Bewohner*innen im öffentlichen Wohnzimmer müssen bedient werden. Wie soll das gehen, ohne E-Bike mit schicken modernen Freiburg-Logo in rot und weiß? Leute, wir haben Pischko hängen gelassen und damit die Chance auf einen innovativen CO2-neutralen und mobilen Späti – ein mögliches Aushängeschild für unsere Green-City.
Aber auch eine unerschöpfliche Geldquelle, die sämtliche Projekte dieser Stadt finanziert hätte können, wurde ignoriert: Der Bluetooth-Boxen-Verleih. Jetzt hat der KVD bereits das Recht Boom-Boxen und Gitarren nach 23 Uhr zu konfiszieren, warum bauen wir nicht ein legales Boom-Boxen-Kartell auf? Wir konfiszieren systematisch Bluetoothboxen, Ukulelen und Rahmentrommeln, dann verleihen wir sie zu unverschämten Preisen, um sie dann gezielt bei Verstoß gegen die Senioren-Nachtruhe wieder einsacken zu können. Ein nicht endender Kreislauf, der die Kassen klimpern lässt. Tja Freiburg, schade Marmelade.
Zu Guter Letzt möchte ich noch unser letztes Projekt erwähnen für alle SpongeBob-Fans. 450.000 € für das Sonderprogramm „Klimaanpassung und Verkehrswende“. Freiburg leidet extrem unter dem Klimawandel – v.a. in den Sommermonaten spüren wir das alle. Es ist also wichtig die Stadt auf das Klima der Zukunft vorzubereiten, mit Starkregenereignissen und erheblichen Überschwemmungsgefahren, aber auch signifikant längeren Dürreperioden. Um darauf vorbereitet zu sein, gibt es eine Lösung: Freiburg wird eine Schwammstadt. Ein Schwamm, saugt Wasser auf, speichert es über längeren Zeitraum und gibt das Wasser in Form von Verdunstung und Abkühlung wieder ab. Genau damit können wir auf die Klimaveränderungen reagieren. Dafür muss die zentrale Maßnahme sein, Freiburg zu entsiegeln. Es müssen Nebenstraßen identifiziert werden, in denen Schwammstadtkonzepte umgesetzt werden können und die gleichzeitig zur Verkehrswende beitragen. Außerdem müssen wir effizienter zusammenarbeiten. Wenn die Straßen bereits offen und entsiegelt sind, weil Fernwärme verlegt wird, lässt sich hier Geld und Zeit sparen, diesen Moment direkt für die Umsetzung von Schwammstadtkonzepten zu nutzen. Win-Win für alle, die Gegenwart und die Zukunft.
Ich möchte noch einmal betonen, dass Freiburg for You in diesem Haushalt vieles erreicht hat. Wir haben das Budget des Weingarten Bildungskonzepts erheblich aufgestockt, Menstruationsprodukte an allen weiterführenden Schulen eingerichtet, dem öffentlichen Wohnzimmer neue Möbel mit unserem Paket Sitz!Platz! beschafft und Freiburgs Tempo auf dem Weg zur Schwammstadt beschleunigt. Auf der anderen Seite dieser Erfolge stehen jedoch auch die teilweise oder vollständige Ablehnung vieler Förderanträge von Vereinen, NGOs und Kulturstätten die für Freiburg essenzielle sind. Nennen möchte ich die Rosa Hilfe, den SlowClub, den Sozialdienst Muslimischer Frauen und das Artik. Alle Mitarbeiter*innen und Ehrenamtliche dieser Vereine und Kulturstätten können durch die Ablehnung ihrer Anträge nur noch eingeschränkt arbeiten und haben mit finanziellen Engpässen zu rechnen. Lasst euch nicht unterkriegen und haltet durch. FR4U wird mindestens in zwei weiteren Haushalten mitmischen: To be continued.